Das Kleeblatt


Was würde Hemingway im August 2019 schreiben?

Heute habe ich in einem Buch aus dem Jahre 1972 ein vierblättriges Kleeblatt entdeckt, das ich bisher übersehen habe, obwohl ich die 49 Depeschen von Ernest Hemingway oft in die Hand nehme, um zu lesen, wie ein genialer Reporter die Wirklichkeit darstellt, von der er selbst schreibt, dass kein Reporter die Wirklichkeit darstellen kann.

Die Widmung auf Seite 3 dieses Buches lautet "18. 9. 1975. Für Heinz-Peter. Zur Erinnerung an 76 süsse Stunden. In love and so long. Charlotte." Aus so long ist nichts geworden, sie erinnerte sich an unsere 76 süßen Stunden wohl anders als ich.

Doch manches ist noch so, wie es früher war. Dass Hemingway von Schurken in der Politik annahm, dass sie Schurkereien besser verkraften können und deshalb erfolgreicher sind als die Politiker, die keine Schurken sind, würde jeder gute Reporter auch heute noch annehmen. Dass man Themen zerreden kann, bis niemand mehr etwas davon hören mag, könnte demnächst bei der Klimapolitik geschehen. Denn wer würde sich angesichts des gegenwärtigen Wettlaufs der Parteien noch darüber wundern, wenn morgen dieses heute noch ausgedacht Wirkende in den Zeitungen stünde:

CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer will Plastiktüten verbieten und bekommt Unterstützung von CSU-Chef Markus Söder. Gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe kündigte Söder auch persönliche Konsequenzen aus dem Klimawandel an. Noch in dieser Woche wolle er aus seinem Garten die Plastik entfernen lassen, die einen Holzfäller darstellt, der die Axt an einen alten Baum anlegt.

Die Grünen wollen von Kramp-Karrenbauer erst einmal wissen, wie viele Plastiktüten von der Bundeswehr verbraucht werden, bevor sie ihr zustimmen. "Ökologische Kriegsführung wäre ganz in unserem Sinne", sagte Robert Habeck dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND), "aber sie muss auch realistisch sein. Dazu gehört, dass die Öffentlichkeit erfährt, wie Ersatzteile im Ernstfall ohne Plastiktüten an die Front kämen."

Da die SPD derzeit weder eine Vorsitzende noch einen Vorsitzenden hat, war aus dem Willy-Brandt-Haus nur zu hören, dass man die Plastik ihres Ehrenvorsitzenden dort stehen lassen werde, wo sie steht.

Dazu sagt FDP-Chef Christian Lindner in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung, das morgen erscheint: "Da es keine Ehre mehr ist, Vorsitzende oder Vorsitzender der SPD zu sein, ist eine Plastik das Letzte, was sich die SPD noch leisten kann."



 

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