Schöne neue Welt

Rückt immer näher. 



















Diktatoren sind einfach zu dumm

Sie kommt immer näher: Die schöne neue Welt von Aldous Huxley, in der "Gemeinschaftlichkeit, Einheitlichkeit und Beständigkeit" mit Konditionierung und Indoktrination hergestellt werden, nur die künstliche Fortpflanzung ist noch nicht so weit gediehen, wie in diesem Roman. Falls nun auch noch Diktatoren begreifen, wie dumm sie sind, wenn sie Kritiker und politische Gegner in Gefängnisse stecken, foltern oder ermorden lassen, dann setzt sich das westliche Modell überall durch. Da in Deutschland jedes Modell perfektioniert wird, soll unser Land einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

Erstes Thema: Studium. Als ich Student war, bekam ich nach der Einschreibung ein Vorlesungsverzeichnis in die Hand gedrückt, wie ich meinen Weg zu Vordiplom und Diplom gestaltete, war meine Sache. Nebenher besuchte ich Seminare an anderen Fakultäten, weil ich mich auch für Geschichte, Psychologie und Soziologie interessierte. Die Studenten in meinem Semester waren mir nicht fremd, wir unternahmen viel gemeinsam, wurden politisch aktiv, kämpften für die wissenschaftliche Freiheit und für das Querdenken. Dieser Kampf war nicht immer leicht, weil wir auf so manchen verknöcherten Professor trafen, der jedes Denken, das nicht sein Denken war, für gefährlich hielt, aber immerhin konnten wir gegen den Stachel lüpfen. Vor einem zu großen Einfluss der Wirtschaft auf die Wissenschaft warnten wir.

Dieser Einfluss der Wirtschaft auf das Studium ist inzwischen so groß, dass Universitäten und Hochschulen nur noch der Wurmfortsatz der Schulen sind. Die Studenten werden zu Bachelor und Master gepeitscht, damit sie möglichst schnell in die Betriebe kommen, erkundigt man sich auf dem Campus nach der Stimmung, dann ist sie schlecht, weil den Studenten beim Lernen schlecht wird: "Wir ziehen uns das Zeug rein, kotzen es bei der Prüfung wieder aus und haben es dann vergessen." Vergessliche Studenten nützen der Wirtschaft aber gar nichts. Deswegen beklagt sich die Wirtschaft inzwischen über die Qualität des Studiums und versucht, der Politik dafür die Schuld zu geben. Die Politik ist zwar schuldig, aber anders als von der Wirtschaft behauptet: Sie hat einem Druck nachgegeben, dem sie hätte unbedingt widerstehen müssen.

Stillstand und Rückschritte werden nur noch kaschiert. Deutschland ist zwar immer noch eine starke Export-Nation, erfolgreich ist die deutsche Wirtschaft aber nur dort, wo sie auch früher erfolgreich war: im Maschinenbau und in der Automobilindustrie. Auf den neuen Märkten verschläft Deutschland jede Entwicklung so lange, bis das Land mühsam hinterher hinkt.

Der Schein wird inzwischen für bare Münze genommen. Angeblich geht es immer aufwärts, stets kommt Deutschland angeblich am besten davon, beim Ausblenden von Problemen ist Deutschland inzwischen Spitze. Immer mehr Menschen werden psychisch krank, weil sie dem Druck nicht mehr standhalten. Dieser Druck entsteht auch deshalb, weil der Erfolg nur noch künstlich ist und kaum noch Eigendynamik entwickelt. Immer wieder heißt es: Glück im Unglück gehabt. Die Zinsen sind niedrig. Was für ein Glück. Der Euro schwächelt. Was für ein Glück.

Woanders sucht man das Glück immer häufiger vergeblich. Beide Eltern müssen arbeiten, damit sie über die Runden kommen, Kinder werden so früh wie möglich von anderen betreut, Hass, Neid, Gier und Intrigen verbreiten sich wie eine Seuche. In den Parteizentralen haben immer weniger den Kopf frei für neue Ideen, weil sie jeden Tag ihre Gegner in Schach halten müssen, aus dem Bundestag erreichen uns Bilder, die von gegenseitiger Verachtung zeugen, in den Betrieben gibt es Überwachungs- und Kontrollsysteme, die nur noch menschenverachtend genannt werden können, immer mehr versuchen nur noch, ihr eigenes Fell zu retten und haben Angst davor, es könnte ihnen an ihr eigenes Fell gehen.

Dennoch setzen sich immer noch Politiker und Unternehmer vor die Kameras und sprechen von westlichen Werten, die es zu verteidigen gilt. Als da wären? Drohungen gegen Politiker, die anders stimmen wollen als ihre Fraktion und deshalb mit dem Verlust aller Ämter rechnen sollen, üble Methoden gegen Betriebsräte, die sich für die Belegschaft einsetzen, Sanktionen gegen Eltern, die nicht jeder Anweisung für die Erziehung ihrer Kinder folgen...?

Damit sind wir wieder bei den dummen Diktatoren, die Kritiker und politische Gegner in Gefängnisse stecken, foltern und ermorden lassen. Lernt doch endlich dazu. Wenn die Welt gegen Folter und Verfolgung protestiert, dann macht es wie - sagen wir einmal die USA: Kommt das heraus, dann setzt Untersuchungsausschüsse ein und ändert die Methoden. In Gefängnisse stecken ist auch nur blöd, weil Kritiker und politische Gegner draußen isolieren und verstricken in ein Netz von Intrigen und übler Nachrede das Gebot der westlichen Werte-Stunde ist.

Eine dieser Werte-Stunden schlug am 11. September 1973 in Chile. Die USA ließen den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende von Pinochet weg putschen. Unterstützung für diesen Putsch kam auch aus Deutschland. Allende-Anhänger wurden erst in ein Stadion gesperrt, gefoltert wurden sie dann von einer Sekte, die Colonia Dignidad hieß, diese Sekte wurde von einem Deutschen geleitet. Das nennt man internationale Solidarität. Solidarität ist ein westlicher Wert. Verstanden?

Kommentare

  1. vw hat gerade mit bedauern gestanden, abgaswerte gefälscht zu haben bin mal auf die stellungnahme des niedersächischen ministerpräsidenten als miteigentümer gespannt. oder hat der schon was getwittert? wie dieser w....

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  2. wenn man bedenkt, wie viel geld dieser herr verdient, ist es schon erstaunlich, dass er von solchen ereignissen überrascht wird.

    „Die Geschehnisse haben für uns im Vorstand und für mich ganz persönlich höchste Priorität“, teilte VW-Chef Martin Winterkorn am Sonntag in Wolfsburg mit. Er verspricht eine umfassende Kooperation mit den US-Behörden: „Der Vorstand der Volkswagen AG nimmt die festgestellten Verstöße sehr ernst.“

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