Ist Gott die 1?

Den Segen kann man auch
ausdrucken.
Oder ist er eine Null?

Wenn der Hamburger SV schon nicht in der ersten Liga spielt, dann muss die evangelische Kirche etwas für die Unterhaltung in der Stadt an der Elbe tun. Macht sie. In der Sankt-Nikolai-Kirche haben 400 Kreditkarten-Besitzer einen Geldautomaten gefeiert. Der stand im Altarraum und fungierte als Segensroboter "Bless-U 2". Er gefiel aber nicht allen. Deshalb gab auch die Pastorin ihren Senf dazu. Der Roboter könne bei "distanzierten Christen" durchaus Interesse wecken. Danach ließ sich Corinna Senf von dem umgebauten Geldautomaten segnen. Ihre PIN hatte sie richtig eingegeben, was ihr beim Jüngsten Gericht angerechnet werden soll.

Obwohl die evangelische Kirche nicht mehr ernst genommen werden will, müssen dennoch Fragen erlaubt sein. Ist im digitalen Zeitalter Gott die 1 oder die 0? Beide Antworten sind richtig. Denn die 0 ist im binären System die 1. Wenn ab sofort in der evangelischen Kirche das binäre System gepflegt wird, auf welchen der drei Götter will sie dann verzichten, auf Gott, auf Jesus oder auf den Heiligen Geist? Muss die wichtigste Predigt im Neuen Testament von Berg- in Server-Predigt umbenannt werden? Selig sind die Bytes, denn sie sollen Megabytes werden. 

In einer Erzählung des polnischen Schriftstellers Stanislaw Lem ist Gott ein riesiger Computer. Wird diese Erzählung nun zur neuen Bibel der evangelischen Kirche? Dass sich Gott eigentlich noch nie für die evangelische Kirche interessiert hat (für die katholische auch nicht), ist bekannt. Und nun auch verständlich. 
 



Nikolai-Hauptpastor Martin Vetter sagte, die Digitalisierung biete neue Formen der Beteiligung. Dennoch fehle dem christlichen Glaube ohne "reale Gemeinde" etwas Entscheidendes. Der Tonfall einer Stimme, die Bewegungen des anderen, Schmecken und Fühlen sei über das Netz nicht ausreichend vermittelbar. Mit ihrem digitalen Gottesdienst hat die Gemeinde nach eigenem Bekunden ein Experiment gewagt. Statt einer traditionellen Predigt wurden digitale Nachrichten der Anwesenden und der Netzgemeinde diskutiert. Die digitale Technik werde im Alltag weiter an Bedeutung gewinnen, betonte Hauptpastor Vetter. Der Mensch dürfe sich aber davon nicht völlig abhängig machen. 

Umstritten war vor allem der Segensroboter "BlessU-2", ein umgebauter Bankautomat, im Altarraum. Eine kleine Protestgruppe machte schon vor dem Gottesdienst ihren Unmut darüber deutlich. Die Diskussion im Vorfeld habe gezeigt, dass die Maschine vor allem für traditionelle Kirchgänger befremdlich sei, erklärte Pastorin Corinna Senf. Bei distanzierteren Christen könnte er vielleicht Neugierde wecken. Sie selbst ließ sich von den aufleuchtenden Händen der Maschine segnen, nachdem sie zuvor Sprache und Anliegen einprogrammiert hatte.

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