Der Ehemalige

Will allerdings nicht mehr der richtige Bundespräsident sein

Wulff hat bei Illner bewiesen, dass einer der größten im deutschen Journalismus früh Recht hatte: Frank Schirrmacher, der kürzlich verstorbene Herausgeber der „FAZ“. Schirrmacher hatte vor 953 Tagen geschrieben, was sich an diesem Abend wieder gezeigt hat: „...dass Christian Wulff nicht verstanden hat, dass es ausschließlich darauf ankommt, wie er mit der Affäre umgeht, also: wie er redet, ist bizarr.“

Dieses Fazit zieht "Bild online"

Das begann schon mit dem Satz "Ich wäre auch heute der richtige im Amt“, den er bei Maybrit Illner ob seines fragwürdigen Inhalts gleich anfangs zurücknehmen musste. „Das hätte ich nicht sagen sollen“ gestand er der Moderatorin. Aber warum hat er es denn gesagt? Dieser Fehler wie sein Auftreten insgesamt deuteten an, wie verbittert und verwundet Christian Wulff sein muss. Immer wieder verwies er auf das, was er in seinem Buch geschrieben habe, immer wieder versuchte er an Details nachzuweisen, wie sehr ihm Unrecht geschehen sei. „Wenn alle über mich schreiben, dann möchte ich mich als Mensch darstellen.“

Meint die "Frankfurter Rundschau" online

"Saudumm" sei vor allem seine ominöse Mailbox-Ansage an BILD-Chef Diekmann (Stichwort "Krieg") gewesen. Aber sein zuvor so harmonisches Verhältnis zu diesem, dokumentiert durch sehr nette Briefwechsel, müsse man eben auch verstehen, schon wegen der "supertollen" Fotos, die er von ihm bekommen habe.
Es war eine von ein paar kleinen, aber aufschlussreichen Szenen, die erahnen ließen, dass es nicht nur nicht leicht ist, Christian Wulff zu sein, sondern auch, ihm durchgängig mit solch kaum gebremstem Wohlwollen zu assistieren, wie es hier seitens Prantls und Vollmers geschah. Ob man denn unbedingt "supertoll" sagen müsse, fragte Letztere mit sanftem Tadel, während Prantl die Kriegsrhetorik monierte.

Schreibt Spiegel online

Doch bei seinem ersten Fernsehauftritt nach seinem Rücktritt Anfang 2012 wurde deutlich, was (bei aller berechtigter Medienkritik) in der Affäre aus Wulffs Sicht so gründlich schief gelaufen war: Ihm fehlte damals schon die Fähigkeit, auch mit Vorwürfen souverän umzugehen. Und so ist es auch jetzt noch.

Steht online in der Huffington Post

Und 2,6 Millionen haben gestern Abend zugeschaut. Schon nach wenigen Minuten schrumpfte Christian Wulff die Bühne, die ihm vom ZDF geboten wurde. Die Behauptung, dass er immer noch der richtige Bundespräsident wäre, wollte er nicht wiederholen. Dieser Satz sei ein Fehler gewesen. Was Antje Vollmers als ehemalige Grünen-Politikerin allerdings nicht fand, die Gelegenheit, dem ehemaligen Bundespräsidenten einen mitzugeben, fand sie allerdings günstig: "Gerhard Schröder war ein ganz anderes Alpha-Tier. Dem haben die vielen Frauen nicht geschadet." Dann rückten die grüne Spießerin und der CDU-Spießer allerdings wieder zusammen. Sonst wäre wohl auch noch die Wulff-These, mit Patchwork-Familie, Islam-These und bunter Republik habe er einige Medien provoziert, ins Wanken geraten. Diese These ist von ihm bis heute auch nicht stichhaltig untermauert worden.

Wenn man diesem ehemaligen Bundes- und ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten zuhört, dann beschleicht zumindest mich immer das Gefühl, dass dieser Mann gewisse Leute für Lichtgestalten gehalten hat, die auch ihm Glanz verleihen. Selber funkeln kann er wohl nicht. Als Profi hätte er eigentlich wissen müssen, dass in der Politik und in den Medien die Zahl der Zyniker und Machtbesessenen groß ist. Aber auch die stören sich schon längst nicht mehr öffentlich an Homosexuellen in Führungspositionen - aber an Patchworkfamilien, an jungen Leuten im Schloss Bellevue, an einem Tattoo? Überträgt Wulff da etwa eigene Vorurteile und schiebt sie anderen in die Schuhe?

Die seltsame Freude vieler Medien daran, im Fall Wulff jeden Stein umzukehren, könnte damit etwas zu tun haben, dass man ihm unbedingt die Maske des toleranten Weltbürgers vom Gesicht reißen wollte. Wäre das so, würde das niemand zugeben. Obwohl die Vermutung ziemlich nahe liegt, denn eine solche Hetzjagd sucht ihresgleichen. Spielt gegenseitige Enttäuschung eine Rolle?

Wulff und die anderen müssen auf der Suche nach irgend etwas gewesen sein. Was sie nicht gefunden haben. Sonst hätte die Frage nach einem Hauskauf nicht solche Folgen haben können. Schon als niedersächsischer Ministerpräsident hätte es für ihn ein Leichtes sein müssen, die Fakten auf den Tisch zu legen. Schämte er sich etwa dafür, dass er sich von einer Frau Geld geliehen hatte, weil für ihn eine andere Frau sehr teuer geworden ist? 

Zu kurz gekommen ist gestern Abend die Tollwütigkeit der Staatsanwaltschaft von Hannover. Heribert Prantl von der "Süddeutschen Zeitung" sprach von einem "Justizskandal" und zollte Wulff Respekt dafür, dass er sich auf einen Deal nicht eingelassen hatte. Das hätte auch schief gehen können, deutete Prantl an. Da wüsste man gern mehr...

Ich habe inzwischen Heribert Prantl auf mein blog staatsanwaltschafthannover.blogspot.com hingewiesen.  




Kommentare

Beliebte Posts