Ein widerliches Wort
Nach dem anderen: Jetzt Armutsflüchtlinge
Es könnte am Mittwoch gewesen sein: Das Fußballspiel ist zuende, ich zappe mich zum nächsten öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, eine Frau setzt sich ins Bild, mit einem Zettel in der Hand startet sie in eine dieser Talkshows: "Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien..." Ich überlege kurz, wer wohl mit ihr an einem Tisch sitzen mag. Kachelmann, der "Opfer-Abos" neu definiert? Ein Vertreter von Nokia, der sich darüber beklagt, dass Jugendliche aus Deutschland, die in Rumänien für ihn arbeiten, wieder nach Hause wollen? Ein Menschenhändler, der Frauen verschleppt? Ein Spekulant, der immer reicher wird, weil andere ärmer werden? Sicher nicht. Mit den Verursachern des Elends diskutiert man nicht, man redet lieber über die Opfer. Von denen nicht zu viele nach Deutschland kommen sollen. Sie sollen sich also von den Tätern fernhalten.
Vor 30 Jahren durfte noch geträumt werden. Wissenschaftler malten die Zukunft in bunten Farben. Sie träumten so: Arbeit wird immer schneller erledigt, deswegen haben alle immer mehr Freizeit, die nur noch sinnvoll genutzt werden muss. Dabei vergaßen sie die Gesetze der Ausbeutung. Auf immer höhere Produktivität reagierte der Kapitalismus nicht mit der Beteiligung aller am Fortschritt, sondern mit immer mehr Hetze am Arbeitsplatz und immer mehr Druck über steigende Arbeitslosigkeit. Die sozialen Folgekosten trug der Staat. Der auch deswegen irgendwann pleite war. Wie inzwischen die halbe Welt.
Dafür dachte man sich neue Begriffe aus. Arbeitsplätze wurden nicht mehr vernichtet, sondern abgebaut. Stieg die Zahl der Arbeitslosen, war das Wetter schuld. Wuchs der Schuldenberg nicht mehr so schnell wie zuvor, sank die Neuverschuldung. Den Rest verbuchte man unter "demographischer Wandel". Ertrinkende beförderte man als "Boatpeople" ins Jenseits. Wer nicht mehr mithalten konnte, bekam den Stempel "Sozialschmarotzer". Da ist es auf "Armutsflüchtlinge" wohl auch nicht mehr angekommen. Die sollen aber schön zuhause bleiben...Es sei denn, sie werden verschleppt.
Flickschusterei gilt inzwischen als Tugend. Jede Idee strandet am Ufer der Gierigen, die als "Leistungsträger" gepriesen werden. Die Mauern der Dummheit schützen sie. Egoismus ist keine individuelle Krankheit mehr, sondern eine Willenserklärung. Kommt Deutschland gut aus der Krise, dürfen die Spanier gern aus dem Fenster springen. Das europäische Haus hat viele Wohnungen. Und Eigentum verpflichtet zu immer weniger.
Es könnte am Mittwoch gewesen sein: Das Fußballspiel ist zuende, ich zappe mich zum nächsten öffentlich-rechtlichen Fernsehsender, eine Frau setzt sich ins Bild, mit einem Zettel in der Hand startet sie in eine dieser Talkshows: "Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien..." Ich überlege kurz, wer wohl mit ihr an einem Tisch sitzen mag. Kachelmann, der "Opfer-Abos" neu definiert? Ein Vertreter von Nokia, der sich darüber beklagt, dass Jugendliche aus Deutschland, die in Rumänien für ihn arbeiten, wieder nach Hause wollen? Ein Menschenhändler, der Frauen verschleppt? Ein Spekulant, der immer reicher wird, weil andere ärmer werden? Sicher nicht. Mit den Verursachern des Elends diskutiert man nicht, man redet lieber über die Opfer. Von denen nicht zu viele nach Deutschland kommen sollen. Sie sollen sich also von den Tätern fernhalten.
Vor 30 Jahren durfte noch geträumt werden. Wissenschaftler malten die Zukunft in bunten Farben. Sie träumten so: Arbeit wird immer schneller erledigt, deswegen haben alle immer mehr Freizeit, die nur noch sinnvoll genutzt werden muss. Dabei vergaßen sie die Gesetze der Ausbeutung. Auf immer höhere Produktivität reagierte der Kapitalismus nicht mit der Beteiligung aller am Fortschritt, sondern mit immer mehr Hetze am Arbeitsplatz und immer mehr Druck über steigende Arbeitslosigkeit. Die sozialen Folgekosten trug der Staat. Der auch deswegen irgendwann pleite war. Wie inzwischen die halbe Welt.
Dafür dachte man sich neue Begriffe aus. Arbeitsplätze wurden nicht mehr vernichtet, sondern abgebaut. Stieg die Zahl der Arbeitslosen, war das Wetter schuld. Wuchs der Schuldenberg nicht mehr so schnell wie zuvor, sank die Neuverschuldung. Den Rest verbuchte man unter "demographischer Wandel". Ertrinkende beförderte man als "Boatpeople" ins Jenseits. Wer nicht mehr mithalten konnte, bekam den Stempel "Sozialschmarotzer". Da ist es auf "Armutsflüchtlinge" wohl auch nicht mehr angekommen. Die sollen aber schön zuhause bleiben...Es sei denn, sie werden verschleppt.
Flickschusterei gilt inzwischen als Tugend. Jede Idee strandet am Ufer der Gierigen, die als "Leistungsträger" gepriesen werden. Die Mauern der Dummheit schützen sie. Egoismus ist keine individuelle Krankheit mehr, sondern eine Willenserklärung. Kommt Deutschland gut aus der Krise, dürfen die Spanier gern aus dem Fenster springen. Das europäische Haus hat viele Wohnungen. Und Eigentum verpflichtet zu immer weniger.
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