Gestern bei Jauch
30. Januar 2012
Schützt der Verfassungsschutz die Verfassung?
Wer gestern die Sendung von Günther Jauch über den Verfassungsschutz beobachtet hat, fragte sich, wann die Talkshow-Gäste endlich zur Sache kommen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt wich der Frage aus, warum er den Gang nach Karlsruhe scheut, wenn die Linke so gefährlich ist wie er behauptet. Vielleicht fürchtete er Ärger mit der Ost-CDU, die der Linken so manchen Posten verdankt.
Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Peter Frisch nuschelte die Behauptung in die Runde, Bundestagsabgeordnete der Linken stünden gar nicht unter Beobachtung. Man sammele lediglich Medienberichte über diese "Verfassungsfeinde" (O-Ton Alexander Dobrindt und Vera Lengsfeld, ehemals CDU-Abgeordnete und von den Medien neu entdeckte DDR-Bürgerrechtlerin).
Wenn der Verfassungsschutz jedoch lediglich ein Ausschnittdienst sei, hielt dem der stellvertretende Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch entgegen, dann verschaffe sich dieser Inlands-Geheimdienst lediglich eine Arbeit, die man sich sparen könne. Was Heribert Prantl als Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung" in seiner Auffassung bestärkte, dass eine Reform des Verfassungsschutzes an Haupt und Gliedern dringend erforderlich sei.
Günther Jauch kam da irgendwie nicht mit und verpasste jedes Stichwort für einen anderen Gesprächsverlauf. Beispielsweise "demokratischer Sozialismus". Für den trat auch Willy Brandt ein. Wurde der etwa deswegen auch vom Verfassungsschutz beobachtet? War dieser Bundeskanzler ebenfalls ein "Verfassungsfeind"? Und warum hat niemand darauf hingewiesen, dass es sich bei "Verfassungsfeind" um einen politischen Begriff handelt? Im Grundgesetz (GG) sucht man ihn vergeblich.
Artikel 21 Absatz 2 GG lautet: "Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht."
Fordert eine Partei die Vergesellschaftung von Produktionsmitteln, von Grund, Boden und Naturschätzen, handelt sie nicht verfassungswidrig. Das darf sie laut Artikel 15 GG. Verfassungswidrig handelt eine Partei, wenn sie einige oder alle Grundrechte außer Kraft setzen will. Wann jedoch hat jemals ein Bundestagsabgeordneter der Linken derlei gefordert? Und wenn ein Bundestagsabgeordneter der Linken darauf aus wäre, würde er das öffentlich in einem Interview mit beispielsweise der "Bild"-Zeitung sagen, damit auch alle davon erfahren?
Wie lächerlich die Gesinnungsschnüffelei des Verfassungsschutzes werden kann, hat dieser Inlands-Geheimdienst doch oft genug bewiesen. Sogar bei Demonstrationen für mehr soziale Gerechtigkeit und ein besseres Bildungssystem tauchte der auf und schoss (Beweis?-) Fotos. Als Studenten machten wir uns darüber lustig, linke Kabarettisten begrüßten bei ihren Auftritten ausdrücklich den "Mann, der fleißig mitschreibt".
Die gelegentliche Lächerlichkeit der Verfassungsschutz-Arbeit ist jedoch nicht das Problem. Das Problem liegt in Kompetenzgerangel und wie fatal die Folgen sein können, wenn sich einer auf den anderen verlässt, haben wir inzwischen alle begriffen...
Schützt der Verfassungsschutz die Verfassung?
Wer gestern die Sendung von Günther Jauch über den Verfassungsschutz beobachtet hat, fragte sich, wann die Talkshow-Gäste endlich zur Sache kommen. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt wich der Frage aus, warum er den Gang nach Karlsruhe scheut, wenn die Linke so gefährlich ist wie er behauptet. Vielleicht fürchtete er Ärger mit der Ost-CDU, die der Linken so manchen Posten verdankt.
Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Peter Frisch nuschelte die Behauptung in die Runde, Bundestagsabgeordnete der Linken stünden gar nicht unter Beobachtung. Man sammele lediglich Medienberichte über diese "Verfassungsfeinde" (O-Ton Alexander Dobrindt und Vera Lengsfeld, ehemals CDU-Abgeordnete und von den Medien neu entdeckte DDR-Bürgerrechtlerin).
Wenn der Verfassungsschutz jedoch lediglich ein Ausschnittdienst sei, hielt dem der stellvertretende Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch entgegen, dann verschaffe sich dieser Inlands-Geheimdienst lediglich eine Arbeit, die man sich sparen könne. Was Heribert Prantl als Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung" in seiner Auffassung bestärkte, dass eine Reform des Verfassungsschutzes an Haupt und Gliedern dringend erforderlich sei.
Günther Jauch kam da irgendwie nicht mit und verpasste jedes Stichwort für einen anderen Gesprächsverlauf. Beispielsweise "demokratischer Sozialismus". Für den trat auch Willy Brandt ein. Wurde der etwa deswegen auch vom Verfassungsschutz beobachtet? War dieser Bundeskanzler ebenfalls ein "Verfassungsfeind"? Und warum hat niemand darauf hingewiesen, dass es sich bei "Verfassungsfeind" um einen politischen Begriff handelt? Im Grundgesetz (GG) sucht man ihn vergeblich.
Artikel 21 Absatz 2 GG lautet: "Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig. Über die Frage der Verfassungswidrigkeit entscheidet das Bundesverfassungsgericht."
Fordert eine Partei die Vergesellschaftung von Produktionsmitteln, von Grund, Boden und Naturschätzen, handelt sie nicht verfassungswidrig. Das darf sie laut Artikel 15 GG. Verfassungswidrig handelt eine Partei, wenn sie einige oder alle Grundrechte außer Kraft setzen will. Wann jedoch hat jemals ein Bundestagsabgeordneter der Linken derlei gefordert? Und wenn ein Bundestagsabgeordneter der Linken darauf aus wäre, würde er das öffentlich in einem Interview mit beispielsweise der "Bild"-Zeitung sagen, damit auch alle davon erfahren?
Wie lächerlich die Gesinnungsschnüffelei des Verfassungsschutzes werden kann, hat dieser Inlands-Geheimdienst doch oft genug bewiesen. Sogar bei Demonstrationen für mehr soziale Gerechtigkeit und ein besseres Bildungssystem tauchte der auf und schoss (Beweis?-) Fotos. Als Studenten machten wir uns darüber lustig, linke Kabarettisten begrüßten bei ihren Auftritten ausdrücklich den "Mann, der fleißig mitschreibt".
Die gelegentliche Lächerlichkeit der Verfassungsschutz-Arbeit ist jedoch nicht das Problem. Das Problem liegt in Kompetenzgerangel und wie fatal die Folgen sein können, wenn sich einer auf den anderen verlässt, haben wir inzwischen alle begriffen...
Mit Verlaub: Willy Brand hat sich niemals für demokratischen Sozialismus ausgesprochen, geschweige denn jemals eingesetzt.
AntwortenLöschenWilly Brand und der damaligen SPD ging es um eine soziale Demokratie. Das ist etwas vollkommen anderes. Die Abkürzung SPD bedeutet ja nicht Sozialistische Partei (der)Demokratie, sondern Sozialdemokratische Partei Deutschland .
Das Geschwurbel vom demokratischen Sozialismus ist erst in den letzten 10 Jahren entstanden. Als hilfloses Gestammel einer SPD, die nach Gerhard Schröder nicht nur ihr Gesicht, sondern auch ihr Hirn verloren hatte.
„Der demokratische Sozialismus ist ein in sich nicht abgeschlossenes System von Vorstellungen über eine Neugestaltung der gesellschaftlichen Verhältnisse. Sein formuliertes Programm wird immer nur die Summe gemeinsamer grundsätzlicher Überzeugungen in einer bestimmten Periode entsprechend dem jeweiligen Grad wissenschaftlicher Erkenntnis sein können. Aber diesen sich weiterentwickelnden grundsätzlichen Überzeugungen liegt eine gemeinsame Lebensanschauung zugrunde. Sie fußt auf dem Bekenntnis zur Freiheit und zum Humanismus, zum Rechtsstaat und zur sozialen Gerechtigkeit.„ [Willy Brandt, Rede auf dem VI. Landesparteitag der Berliner SPD, 8. Mai 1949, in: ders., Berliner Ausgabe, hrsg. von Helga Grebing, Gregor Schöllgen und Heinrich August Winkler, Bd. 4, bearbeitet von Daniela Münkel, Bonn 2000, S. 99-130, Zitat S. 129; siehe auch Helga Grebing, Willy Brandt - Ein Leben für Freiheit und Sozialismus (Schriftenreihe der Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung, H. 4), Berlin 1999.]
AntwortenLöschenII.