Bildungsferne Schichten

Machen Politik

Wenn wir als Wählerinnen und Wähler über Politik diskutieren, vergessen wir allzu leicht, dass wir uns mit den Folgen einer Arbeit beschäftigen, die von bildungsfernen Schichten verrichtet wird. Die Diäten, die sich diese Kreise genehmigen, sind zwar so hoch, dass sich davon so mancher Kursus an einer Volkshochschule finanzieren ließe, aber wer nichts weiß, weiß auch nicht, dass er endlich etwas lernen sollte.

Einer dieser Mister Ahnungslose hat sich gestern zu den Wahlen in Griechenland und in Frankreich geäußert. Er warnte beide Länder vor einem Politikwechsel und fügte hinzu: "An einem Abbau des Schuldenberges durch eine Verringerung der Neuverschuldung lassen wir nicht rütteln."

Da ist doch dieser Politiker auf seine eigene Vernebelungstaktik hereingefallen. Denn Neuverschuldung steht für neue Schulden. Macht man 2012 weniger Schulden als 2011, wachsen die Schulden weiter. Nur das Tempo sinkt. Der Schuldenberg wächst nicht mehr so schnell wie vorher, aber er wächst.

Ob sich die Griechen jemals wieder eine Regierung leisten können, steht noch nicht fest. Möglicherweise vertreiben die sich die nächsten Jahre mit Neuwahlen. Ein Land, das keine Regierung hat, muss sich auch nicht mit den Folgen einer Arbeit herumplagen, die von bildungsfernen Schichten in Deutschland verrichtet wird.

Die Franzosen dagegen haben mit Francois Hollande einen neuen Präsidenten, der an Angela Merkels Fiskalpakt nicht rütteln darf, wenn er nächste Woche von ihr "mit offenen Armen" empfangen werden will. Der Arme. Kaum haben ihn die Franzosen gewählt, soll er sich in Berlin die ersten Denkverbote verordnen lassen. Heißt: Er soll schnell wieder vergessen, warum er Präsident von Frankreich geworden ist.

So wächst zusammen, was zusammengehört? Oder driftet Europa auf diese Weise weiter auseinander?  Bis die Kranken auf diesem Kontinent so krank sind, dass man sie isolieren muss, um nicht selbst so krank zu werden?

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