Schwere Kette
Neue Presse Hannover, 12. Oktober 2013 |
Über ehemalige Piraten schreibt man nicht
Die niedersächsische Landeshauptstadt gilt als graue Maus unter den Landeshauptstädten. Dieses Vorurteil pflegen viele Kabarettisten. Mehr als die Bahnhofsgegend und den Veranstaltungsort haben die wohl nie gesehen.
Wie in fast allen Städten hat auch in Hannover ein Verlag das Meinungsmonopol. Im Madsack-Verlag erscheinen die "Hannoversche Allgemeine Zeitung" und die "Neue Presse". Die Ideen kleinerer Verlage hat sich der Medienriese einverleibt, und zwar so: Erst mit Klagen drohen, dann das Scheckbuch zücken.
Dennoch behauptet sogar der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes, in Deutschland existiere ein Qualitätsjournalismus. Der Mann heißt Michael Konken und hat als Pressesprecher der Stadt Wilhelmshaven gelernt, dass Flunkern zum Handwerk gehört. Das verrät er in seinen Vorträgen über die Zukunft des Journalismus aber nicht.
Als Hannoveraner habe ich mit den beiden Zeitungen aus dem Madsack-Konzern einiges erlebt. 1986 verbot die Verlagsleitung eine Rezension meines Romans "Streichelnde Worte", ein paar Jahre später behauptete eine Redakteurin nach einer Lesung, ich sei Naturlyriker, obwohl ich Prosa vorgetragen hatte, ein gemeinsames Projekt mit Künstlerinnen und Künstlern aus der Partnerstadt Leipzig wurde in den Wendejahren mit keinem einzigen Wort gewürdigt. Ich könnte die Liste fortsetzen. Sie endet mit der Oberbürgermeisterwahl in Hannover.
Vorgestellt worden sind vor der Wahl lediglich die Kandidatin der Linken und die Kandidaten von SPD, CDU und Grünen. Dass es auch zwei parteilose Kandidaten gab, erfuhr kein Zeitungsleser. Nun ist die Stichwahl gelaufen. Die Wahlbeteiligung betrug 38,2 Prozent. Dem neuen Oberbürgermeister Stefan Schostok wurde also ein Armutszeugnis ausgestellt. Ein ehemaliges Mitglied der Piratenpartei hat die Wahl am Donnerstag angefochten. Auch diese Anfechtung nimmt der Madsack-Konzern nicht zur Kenntnis.
Die Oberbürgermeisterkette wiegt fast zwei Kilogramm, Stefan Schostok wird die Skandalproduzenten aus Hannover nicht an die Kette nehmen.
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für rosamunde haben sie die kette doch wohl leichter gemacht...
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